Utilitarismusphobie

Viele humanistisch Gebildete Pädagogen fürchten die von Seiten der Industrie vorgebrachten Bestrebungen, die Schule für Ihre Belange zu verzwecken, Kinder fit für ihre Belange zu manipulieren. Die Würde des Menschen ist in Gefahr. Wenn man aber Griechisch und Latein lernt, Mathe und Geschichte dazu, dann scheint die Gefahr gebannt: Kinder lernen endlich unverwertbare Dinge. Nun können sie Texte, wie die "Alten Griechen" und die Bibel in Originalsprache lesen, abprüfbares Wissen anhäufen, und den hehren ethischen Grundsätzen und Geboten Folge leisten. Korrektes Verhalten an den Tag legen, so, wie die Bankangestellten, die durch firmeninterne Schulungen auf Kundenfreundlichkeit gezüchtet und getrimmt werden. Höflich, zuverlässig korrekt.

Während der Podiumsdiskussion "Wer nimmt Bildung in die Hand? Wer legt Hand an Bildung?", auf der Bildungsmesse Köln, die von der evangelischen Kirche im Rheinland etwas kryptisch organisiert wurde, war der aufgeklärte Absolutismus wieder zu spüren: Was sollte man den Kindern beibringen? Denn die Verantwortung, die wir uns bei all unseren Überlegungen anmaßen, gehen davon aus, daß das, was die Kinder von sich aus machen würden, sowieso nur falsch, böse und kontraproduktiv ist.

Kinder und Jugendliche, die, wenn sie in der Freizeit ihren individuellen Interessen nachgehen, im Nu spielerisch den PC etc. beherrschen, im Freundes- und Bekanntenkreis komplexe und effektive Informationsnetzwerke aufbauen, dabei wesentlich komplexere Dinge als grammatische Regeln anwenden, werden selten als Beispiele von "best-practice" wahrgenommen.

Sie verhalten sich untereinander, wie eine christliche Basisgemeinde bei der Erfüllung des Liebesgebots. Ein Phänomen. Werden dann per Internet Grenzen gesprengt, etwa mit Hilfe von www.egroups.com, dann entstehen weltweite Liebhaber-Netzwerke, aus der eine neue Kultur der Freundschaften und somit des Friedens erwächst. Und das auch noch, ohne dem Staat auf der mageren Tasche zu liegen! Im Gegenteil: Beim Kauf der Lieblingslektüre oder anderen Spiel- und Hobbymaterialien schaffen sie Arbeitsplätze und bezahlen Mehrwertsteuer. Viele Jugendliche haben bereits ihre eigene Firma gegründet, verdienen richtiges Geld und sind ganz stolz darauf.

Resümee

Wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder und Jugendlichen!

Forum Bildung, 06.11.2000 (Nicht veröffentlicht)